Da sich an meiner Schule nicht genug Interessenten für einen Kunst-Leistungskurs gefunden hatten, musste ich an drei Tagen in der Woche zum Nachbargymnasium pendeln.
Ölfarbe an den Händen und The Royal Family and the Poor im Walkman.

12. 2. 84 - Einige Tage nach dem verkackten schriftlichen Abitur

Die Schultern hochgezogen, mit zitternden Fingern gierige Züge aus der Zigarette, von einem Fuß auf den anderen tretend.
Ein Clubkonzert. Wir sind natürlich viel zu dünn angezogen, um hier stundenlang im Schneematsch zu warten. Von drinnen seit zwei Stunden Bassläufe. Soundcheck.
Später dann technisch gesehen wahrscheinlich das schlechteste Konzert meines Lebens. Die Anlage viel zu laut, Rückkopplungen. Die Sängerin ängstlich und nervös. Die Band gibt nach einer knappen halben Stunde auf.
Ein paar Tage später bleiben vom Club nur rauchende Ruinen.

Heute gehe ja ALLES, sagte der 26jährige Communication Marketing Director und verlangte Online-Schreibzugriff auf meine Arbeitsdokumente in InDesign. Das könne man ja heute alles machen.

Die erste und einzige Stunde des Voltigierunterrichts verbrachte ich aus Angst hinter einem Stapel Heuballen. Die Nachbarskinder zogen mich damit auf.

Happiness is a warm gun

Teambuilding
Beim Filzballwerfen ("Werfen Sie den Ball einer Person zu, von der Sie etwas Positives über sich hören wollen.") bekam ich den Ball natürlich von meinem Lieblingskollegen.
"Aus Angst, von Dir bei Fehlern erwischt zu werden, mache ich keine"

Als ich später meinen Stimmungspunkt vorne ans Diagramm auf dem Flipchart kleben sollte, bemerkte ich, dass wir seinerzeit mit solchen Aufklebern die Einschusslöcher auf den Pappkameraden abgedeckt haben. Nach dem Schießen.

Wie ich mich gefreut habe, als er im Lastwagenkrieg die Busfahrkarte bezahlte.

When you're young you find inspiration
In anyone who's ever gone
And opened up a closing door
She said: "We were never feeling bored"

Fachschule des Heeres für Technik
Donnerberg-Kaserne Eschweiler
Oktober 1984

Dritter Tag Grundausbildung, zweiter Tag der Einkleidung.
Anprobe und Ausgabe der Gasmasken und Filter.
Alle warten in dunkelblauen Trainingsanzügen, Adler auf der Brust. Vorne aus dem Raum Musik und die laute Stimme des Unteroffiziers hinter dem Tresen. Gummifotze, immer wieder fällt das Wort Gummifotze. Das scheint ihm zu gefallen, er ist ganz in seinem Element. Einer, dem man draußen aus dem Weg gehen würde. Einer, der auf Ärger aus ist. Das sieht man am Blick, an der Haltung. Als ich an der Reihe bin, läuft auf seinem kleinen Kassettenradio unter dem Fenster Michelle von den Beatles. Ich hebe eine Augenbraue, bin noch viel zu sicher in meinem Plastikpunk-Dandytum. Das sieht er natürlich.
"Gefällt Ihnen die Musik nicht, Schütze?" - "Geht so"
Er richtet sich auf, einen Kopf kleiner als ich muss er zu mir hoch schauen. Einen Moment herrscht Ruhe.
"Ich befehle Ihnen, diese Musik zu mögen!"

Erläuterung zum Zusammenhang:
Eine Woche vor der Einberufung hatte ich auf einem Flohmarkt ein Konvolut Claudine-Romane gekauft. Das war die Phase Claude Debussy - Raoul Dufy - Jean Cocteau - Colette. Meine Lektüre während der Grundausbildung, womit mir wahrscheinlich die obligatorische Teilnahme an den Alkoholexzessen und den klandestin stattfindenden Boxturnieren erspart blieb.

Vor 13 Jahren beim Coach

Er: Fünf Jahre jünger, halblange blonde Haare, karierter Anzug, Schal, Bionade-Trinker.

Er: Nun sagen Sie mir doch mal, warum Sie sich selbständig machen.
Ich: Weil man mich hier nicht mehr haben will.
Er: Nein. Weiter…
Ich: Weil ich keine andere Wahl habe in meinem Alter.
Er: Nein. Weiter…
Ich: Weil ich meinen Beruf liebe.
Er: Nein. Weiter…
Ich: Weil ich gerne frei sein möchte.
Er: Nein. Weiter…
Ich: Ich weiss nicht. Sagen Sie es.
Er: Weil Sie eines Tages einen Bentley in Racing Green fahren wollen.