Mittwoch, 13. Februar 2013



Die größten, die gefährlichsten, die unerträglichsten aller Narren (sagte er) sind die räsonierenden Narren. Ohne weniger Narren zu sein als andre, verbergen sie dem undenkenden Haufen die Zerrüttung ihres Kopfes durch die Fertigkeit ihrer Zunge, und werden für weise gehalten, weil sie zusammenhangender rasen als ihre Mitbrüder im Tollhause. Ein ungelehrter Narr ist verloren, sobald es so weit mit ihm gekommen ist, daß er Unsinn spricht. Bei dem gelehrten Narren hingegen sehen wir gerade das Widerspiel. Sein Glück ist gemacht und sein Ruhm befestiget, so bald er Unsinn zu reden oder zu schreiben anfängt. Denn die meisten, wiewohl sie sich ganz eigentlich bewußt sind daß sie nichts davon verstehen, sind entweder zu mißtrauisch gegen ihren eigenen Verstand, um gewahr zu werden daß die Schuld nicht an ihnen liegt; oder zu dumm, um es zu merken; oder zu eitel, um zu gestehen daß sie nichts verstanden haben. Je mehr also der gelehrte Narr Unsinn spricht, desto lauter schreien die dummen Narren über Wunder; desto emsiger verdrehen sie sich die Köpfe, um Sinn in dem hoch tönenden Unsinn zu finden. Jener, gleich einem durch den öffentlichen Beifall angefrischten Luftspringer, tut immer desto verwegnere Sätze, je mehr ihm zugeklatscht wird: diese klatschen immer stärker, um den Gaukler noch größere Wunder tun zu sehen. Und so geschieht es oft, daß der Schwindelgeist eines Einzigen ein ganzes Volk ergreift, und daß, so lange die Mode des Unsinns dauert, dem nämlichen Manne Altäre aufgerichtet werden, den man zu einer andern Zeit, ohne viele Umstände mit ihm zu machen, in einem Hospital versorgt haben würde.

aus:
Christoph Martin Wieland: Geschichte der Abderiten


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Letzte Änderung: 06.11.24, 22:40
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